Takeda Ryu Kobilza Ha
Interessierte können in den folgenden Zeilen erfahren, wie es zur Gründung von Takeda Ryu Kobilza Ha gekommen ist.
Um die Entstehung von Takeda Ryu Kobilza Ha besser zu verstehen, ist es unabdingbar, sich mit der persönlichen Geschichte und Entwicklung von Siegfried Kobilza ein wenig vertraut zu machen. Das ist der Grund, weshalb wir hier damit beginnen, etwas über seinen Werdegang außerhalb des Budos zu berichten.
Ausbildung und Entwicklung von Lernmethoden
Siegfried Kobilza kam als Autodidakt 1973 an die Musikhochschule Wien (heute Musik-Universität), um das Konzertfach für klassische Gitarre zu studieren. Parallel dazu trainierte er intensivst an der Universitätsturnanstalt (heute Universitätssportinstitut) nahezu alles, was dort an japanischen Kampfsportarten angeboten wurde, was neben der Musik sein Leben entscheidend prägte. Dazu später etwas mehr. Nach etwa 3 Jahren des 8 Jahre dauernden Konzertfachstudiums hatte er das Gefühl, entwicklungsmäßig in eine Sackgasse geraten zu sein. Seine Ansprüche an Technik und Ästhetik in der Musik deckten sich nicht mit dem Lehrangebot der Universität. Nach kurzer Sondierung der internationalen Studienmöglichkeiten entschied er, in Wien zu bleiben, sich aber für ein Jahr beurlauben zu lassen, um seine Technik und Tonbildung grundlegend zu ändern, um seinen hoch gesteckten künstlerischen Vorstellungen und Zielen gerecht zu werden. Weil er dafür aber nur ein Jahr Zeit hatte, war er gezwungen, neue, höchst effiziente und gleichzeitig Zeit sparende Übungsmethoden zu entwickeln, um hoch komplexe motorisch-koordinatorische Abläufe an der klassischen Gitarre zu bewältigen. Im darauf folgenden Jahr setzte er sein Studium an der Universität fort, blieb aber, was die technische Arbeit am Instrument betrifft, immer auch ein Stück weit Autodidakt und schloss schließlich 1981 das Studium mit Auszeichnung ab.
Erfolge als Musiker
Seine äußerst erfolgreiche Karriere begann bereits zweieinhalb Jahre vor Beendigung des Studiums mit einer Österreich-Tournee (1979), gefolgt von einer Konzertreise in die damalige Sowjetunion und viel beachteten Debut-Konzerten in London und Paris (1981). Seine weitere Konzerttätigkeit führte ihn in viele Länder Europas, in die UdSSR, nach Afrika, Amerika (1982 Debut in New York/Carnegie) und nach China. Seine künstlerischen Aktivitäten umfassen hauptsächlich Solokonzerte (inkl. Ur- und Erstaufführungen), aber auch kammermusikalische Projekte, Kooperationen mit renommierten Orchestern, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, Schallplattenproduktionen (darunter Ersteinspielungen) sowie internationale Lehrtätigkeit im Rahmen von Meisterkursen und schließlich auch Arbeiten als Bearbeiter und Herausgeber von Gitarreliteratur (für die Verlage Combre/Paris und Universal Edition/Wien). Ende 1999 zieht er sich aus dem öffentlichen Konzertleben zurück.
Lehrmethodik und Budo
Die grundlegenden Methoden zur Entwicklung motorisch-koordinativer und mentaler Fähigkeiten, die Siegfried Kobilza bereits während seiner Zeit als Musikstudent entwickelt und erfolgreich angewendet hatte, die übrigens auch Formen des meditativen Übens einschließen, fanden dann auch Eingang zunächst in sein eigenes Budo-Training und in weiterer Folge in seine Arbeit als Budo-Lehrer.
Es gelang ihm, die etwas „verstaubte“ japanische Lehr- bzw. Übungspraxis mit der eigenen, den Grundsätzen der modernen Wissenschaft entsprechenden Methodik so zu verbinden, dass ein effizienteres planmäßiges und systematisches Erlernen und Üben der Kampfkünste ermöglicht wurde, ohne dass man in wesentlichen Punkten mit der zugrunde liegenden Tradition brechen musste. Er beschritt damit neue Wege, wofür ihm Respekt und Anerkennung vieler bekannter Budomeister innerhalb und außerhalb Japans zuteil wurde.
Ausbildung und Erfolge als Pionier im österreichischen Budo
Siegfried Kobilza widmete sich bereits in den Siebzigerjahren mit großer Hingabe dem Studium der japanischen Kampfkünste und konzentrierte sich dabei nicht nur auf waffenlose Disziplinen wie Karate, Judo, Aikido und Jujitsu, sondern übte sich auch im Umgang mit dem Schwert sowie mit Stöcken unterschiedlicher Längen. Er leitete zunächst eine Kampfsportgruppe in seinem Studentenheim, gründete aber alsbald zusammen mit Georg Vacano die Österreichische Jujitsu- Vereinigung und begann mit der Aufarbeitung der geschichtlichen Entwicklung des Budo und seiner Schulen und gründete schließlich auch das Nippon Budo Institut, um seine Forschungen zu intensivieren. So ist es verständlich, dass er sich mehr und mehr nach Japan ausrichtete und Kontakte zu japanischen Institutionen und Organisationen suchte. Es gab damals in Österreich zwar die eine oder andere Kampfsport-Organisation, jedoch keine, die ein umfassendes Angebot an Budo-Disziplinen gehabt hätte.
Österreichische Jujitsu-Vereinigung (ÖJJV) und International Martial Arts Federation (IMAF)
In den Achtzigerjahren lud Kurt Schöffmann, der damalige Direktor der noch ganz jungen IMAF Austria (IMAF = International Martial Arts Federation mit Sitz in Tokio) und Instruktor für Nihon Jujitsu am Universitäts-Sportinstitut Klagenfurt, Siegfried Kobilza (damals Jujitsu-Instruktor am Universitäts-Sportinstitut Salzburg) ein, der IMAF beizutreten und am Aufbau der österreichischen Zweigorganisation mitzuwirken. Durch Kurt Schöffmann lernte er auch die Goshin Ryu kennen, ein Selbstverteidigungssystem von IMAF-Direktor Shizuya Sato. 1986 trat Kobilza in die IMAF ein und verbrachte dort fünf intensive und für seine persönliche Entwicklung äußerst wichtige und anregende Jahre, wie er heute rückblickend selbst sagt.
Die International Martial Arts Federation (IMAF) wurde im Jahre 1952 in Tokio von damals führenden Persönlichkeiten der japanischen Kampfkunstszene gegründet. Gründungsmitglieder waren u.a. die Judo-Legenden Kyuzo Mifune und Kazuo Ito, die Kendo-Meister Nakayama und Takano, die Karate-Meister Otsuka sowie Wake und Kiyoura, und erster Vorsitzender war kein Geringerer als Prinz Tsunenori Kaya, ein Onkel des Kaisers Hirohito. Das damals erklärte Ziel der IMAF war, die historischen Quellen der traditionellen Kampfkunstschulen sicherzustellen und für Interessierte zugänglich zu machen.
Als Siegfried Kobilza in die IMAF aufgenommen wurde, war ein weiterer Onkel des Kaisers Hirohito ihr Ehrenpräsident, nämlich Naruhito Higashikuni, dessen Unterschrift deshalb auch auf einer von Kobilzas frühen Dan-Urkunden zu finden ist. Das Aufnahmeverfahren für Kobilza war sehr streng und ziemlich aufwändig, zumal er auch als damaliger Chef-Trainer der Österreichischen Jujitsu-Vereinigung (ÖJJV) wollte, dass sein Jujitsu-Stil als „Nihon Jujitsu“ (japanorientiertes JJ) von der IMAF anerkannt wird. Nach Einreichung einer umfassenden, bildgestützten Dokumentation seines ÖJJV-Ausbildungsprogramms erhielt er am IMAF-Kongress 1986 in Kopenhagen die Möglichkeit, sein Jujitsu in einer gut zwei Stunden dauernden Präsentation vorzustellen sowie auch die Prüfung zum 4. Dan abzulegen. Die Präsentation umfasste das gesamte Technikrepertoire sowie Theorie, aber auch „Kuatsu“ („Bujitsu Ido“ = Budoheilkunde und Erste Hilfe). Die Prüfung beinhaltete Techniken für Angriff und Verteidigung gegen einen und zwei Gegner inklusive Stock- und Messertechniken. Beide Aufgaben meisterte er eindrucksvoll, sodass die internationale Prüfungskommission unter dem Vorsitz der dänischen Jujitsu-Legende Knud Jansen ihn auch zur Beförderung zum „Renshi“ (die treffendste Übersetzung ist engl. „polished expert“) vorschlug. Eine solch frühzeitige Beförderung wurde in der IMAF nur in besonderen Ausnahmefällen vorgenommen, nach den Statuten wäre sie frühestens zwei Jahre nach Erwerb des 4. Dan und erfolgreich abgelegter Prüfung möglich gewesen. Das Renshi-Diplom erhielt er schließlich im darauffolgenden Jahr, zuvor hatte er noch im Rahmen des IMAF-Kongresses 1987 in Antwerpen die Gelegenheit, sein Expertentum als Lehrer unter Beweis zu stellen und beeindruckte durch die profunde Kenntnis traditioneller Kata (wie u.a. der Kime no kata), aber auch durch die Abwehr dreier gemeinsam angreifender Gegner (2 Karateka, 1 Jujitsuka) im freien Randori und die freie Abwehr von beliebigen Stock- und Messerangriffen. Sein Jujitsu-Stil wurde von der IMAF als authentisches, japanorientiertes Jujitsu anerkannt.
Zusammenarbeit mit bekannten Budo-Meistern
Kobilza hatte das Glück, in der damaligen IMAF vielen berühmten Lehrmeistern zu begegnen, sich durch sie inspirieren zu lassen und auch direkt von ihnen zu lernen, wodurch er sein schon damals sehr umfangreiches theoretisches Wissen und sein exzellentes technisches Können noch enorm vertiefen bzw. erweitern konnte. Da waren Meister wie Kai Sensei (Goju Ryu Karate, Okinawa Kobudo und Tanbojutsu), Yamaguchi Sensei (Seitei Iai), Sugino Sensei (Katori Shinto Ryu Ken, Bo, Naginata und Kama) und dann die Budo-Legende Minoru Mochizuki, der in seiner Jugend, noch zu Kanos Zeiten, u.a. Schüler und einer der erfolgreichsten Wettkämpfer im Kodokan war, aber auch direkter Schüler von Morihei Ueshiba (Begründer des modernen Aikido). Mochizuki praktizierte darüber hinaus noch Katori Shinto Ryu, Kendo, Jojitsu, Iaido und Kobudo, ehe er zum Gründer des Yoseikan Budo wurde, benannt übrigens nach seinem Dojo „Yoseikan“ in Shizuoka). Er war ein hervorragender Budoka und dazu auch noch ein hoch gebildeter Theoretiker, dessen Lehren Kobilza entscheidend prägten und zwar, noch bevor er mit Hisashi Nakamura, dem Begründer der Nakamura-Schule vom Takeda-Stil (Takeda Ryu Nakamura Ha), erstmals zusammentraf. Anfang der Neunzigerjahre wollte Sensei Mochizuki Kobilza sogar als Repräsentanten für seine internationale Organisation gewinnen, doch zu jenem Zeitpunkt war dieser schon als Europa-Beauftragter von Takeda Ryu Nakamura Ha tätig und konnte daher diese für ihn sehr ehrenvolle Einladung nicht mehr annehmen.
Kontakt zu Hisashi Nakamura und der Takeda Ryu Nakamura-Ha
Kobilza wusste zunächst nur, dass Nakamura einer der hochrangigen Direktoren (der Nihon Jujitsu Division) war. Er fand erst später heraus, dass jener einen eigenen Zweig von Takeda Ryu gegründet hatte, wusste aber durch seine Jahre lange Erforschung der Budo-Geschichte sofort um die Bedeutung dieses ursprünglich ältesten Budo-Systems von Japan.
Nakamura Hisashi kam 1950 als Siebzehnjähriger ins Dojo von Oba Ichio, dem 43. Soke von Takeda Ryu, der aber zu jener Zeit bereits in Tokyo war. Nakamura trainierte unter Obas Assistenten, Morimoto, der aber 1953 auch nach Tokio ging, um dort Oba zu unterstützen. Nakamura blieb und machte sich als „Hausbursche“ in Obas Haus nützlich, in welchem noch Obas Frau lebte. Sie starb nach langer Krankheit im Jahre 1956. So gab es für Nakamura nichts mehr zu tun, und weil sich zur gleichen Zeit Morimoto wegen familiärer Pflichten auf’s Land zurückzog, lud Oba den jungen Nakamura ein, mit ihm nach Tokio zu gehen. Nakamura nahm freudig an und trainierte unter Oba die folgenden drei Jahre bis zu dessen Tod.
Da Nakamura, wie er selbst sagt, nichts anderes außer Budo gelernt hatte, begann er zunächst 1960, Aikido zu lehren, später kam ein wenig Iaido dazu, und es sollte schlussendlich bis in die späten Siebzigerjahre dauern, bis er offiziell die Gründung seiner Schule als „Takeda Ryu Nakamura Ha“ bekanntgab.
Mit Obas Tod fand die Überlieferung in der Ursprungslinie ein Ende. Oba selbst hatte keinen Nachfolger benannt, sein früherer Assistent, Morimoto-Sensei, hatte sich schon 1956 aus der Schule zurückgezogen, und von der Familie war auch niemand interessiert, die Tradition weiterzuführen, zumal es zu jener Zeit in Japan generell wenig Interesse für Budo gab und man deshalb als Budo-Meister kaum davon leben konnte. Es gab dann noch ein ehemaliges Mitglied des ersten Oba-Dojo auf dem Yagura-Berg, nämlich Dr. Kimbei Sato, welcher sich als Nachfolger Obas sah und somit auch die Führung der Schule für sich proklamierte, was aber durch Obas Familie offiziell nie bestätigt wurde. Dr. Sato ist auch nicht wirklich jemals als Lehrmeister der Takeda Ryu in Erscheinung getreten.
Letztlich ist es daher das Verdienst Nakamuras, dass die Tradition von Takeda Ryu nicht völlig zum Erliegen kam, wenngleich er nur 9 Jahre lang dem Oba-Dojo angehört hatte und davon nur die letzten 3 Jahre direkt von Oba unterwiesen worden war. Nakamuras Zweig von Takeda Ryu wurde schließlich auch für Siegfried Kobilza gewissermaßen zu einem Fenster in die Vergangenheit der traditionellen Kampfkünste Japans.
Kobilza begegnete Soke Nakamura persönlich erst gegen Ende des 3. Jahres seiner Mitgliedschaft bei der IMAF und zwar im Jahre 1988. Mehr als ein Jahr zuvor begann er jedoch, mit Nakamura zu korrespondieren, um mehr Details über die Geschichte und Inhalte dessen Schule zu erfahren. Jenes erste Zusammentreffen zwischen Kobilza und Nakamura fand übrigens in Luxemburg statt, anlässlich der Eröffnung des ersten europäischen Aikido-Dojo der Nakamura Ha, welches von der noch jungen Meisterin Monika Werhahn-Mees geleitet wurde. Diese war erst im Jahr zuvor aus Japan zurückgekommen, wo sie sieben Jahre lang mit ihrer Familie verbrachte und begonnen hatte, Aikido und Iaido der Nakamura-Schule zu praktizieren. Kobilza war damals schon ein vielseitig ausgebildeter und erfahrener Budo-Experte, der als Chef-Trainer der ÖJJV und als Lehrbeauftragter des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung am Universitäts-Sportinstitut Salzburg und, nicht zu vergessen, damals als Instruktor in der IMAF bereits eine große Zahl an Schülern, aber auch eine Reihe von Budo-Lehrern ausgebildet hatte. Er war seit rund 15 Jahren aktiv im Budo und mit zahlreichen Budo-Stilen vertraut, darunter Kawaishi-Jujitsu (Judo- und Jujitsu-Pionier in Frankreich), das Koizumi-Jujitsu (Judo- und Jujitsu-Pionier in Großbritannien), Danzan Ryu, Shinkage Ryu, Okinawa Kobudo und Tanbojitsu, Katori Shinto Ryu, Yoseikan Budo u.v.a. Daher waren ihm die Techniken des Takeda Budo weitgehend vertraut, er kannte sie aus seinem Studium anderer Budo-Systeme. So stellten für ihn die kleinen Unterschiede bzw. Abweichungen in der Technikausführung und in den Strategien nicht wirklich ein Problem dar. Er entdeckte etwa im Jodo der Nakamura-Schule viele Techniken, die er bereits Jahre zuvor als Kukishin Ryu Jojitsu erlernt hatte, um nur ein Beispiel zu nennen. Nicht zuletzt auch aufgrund dessen, dass er durch sein Musikstudium über hoch entwickelte Methoden und Fähigkeiten zum Erlernen komplexer motorischer Abläufe verfügte, war es für ihn ein Leichtes, sich die Besonderheiten des Takeda-Stils der Nakamura-Schule rasch zu eigen zu machen. Wen wundert es da, dass Soke Nakamura Siegfried Kobilza die Europa-Repräsentanz für seine Schule gleich am Ende der ersten Begegnung anbot, eine große Aufgabe, der sich Sensei Kobilza gerne stellte. Mit Siegfried Kobilza begann ein unglaublicher Erfolgsweg des Takeda Budo in Europa, wobei ihm ein herausragender Budo-Meister, sein Schüler und enger Freund Pierre Glorion, stets unterstützend zur Seite stand.
1990 verließ Kobilza die IMAF, denn es war in der IMAF Japan zu einer Spaltung gekommen. Große Namen, wie u.a. Mochizuki und Sugino verließen die IMAF, Nakamura ebenfalls, um gemeinsam eine neue Organisation, die Nippon Budo International Federation (NBIF, später zu BIF verkürzt) zu gründen. Für Kobilza war damit klar, dass er jenen Meistern folgt, die ihn am meisten geprägt hatten, mit deren Budo er vertraut war und die genau das bieten konnten, was er für seine weitere Entwicklung als Budoka für wichtig hielt. 1990 war auch das Jahr, in welchem auf Wunsch Nakamuras eine erste europäische Organisation gegründet, die European Sobukai Takeda Ryu (EST), die Kobilza jedoch schon 1992 wieder verließ, um mit Einverständnis von Soke Nakamura seine eigene Organisation zu gründen, um auf diese Weise die eigenen Vorstellungen und Ziele für eine gute Entwicklung des Takeda Budo besser verwirklichen zu können.
Gründung der ISTB
1993 wurde die ISTB (International Society for Takeda Budo), eine Plattform zur Förderung und Verbreitung der Takeda Ryu Nakamura Ha, durch Siegfried Kobilza formal gegründet und behördlich registriert. Diese Organisation entwickelte sich sehr gut, wobei Kobilza nicht auf Quantität (schnell wachsende Mitgliederzahlen) bedacht war, sondern auf Qualität, weshalb auch viele Bewerbungen von einzelnen Budo-Lehrern wie auch von Organisationen um eine Mitgliedschaft von der ISTB abgewiesen wurden. Trotzdem, oder vermutlich gerade deswegen ist die Geschichte der ISTB zu einer wahren Erfolgsgeschichte geworden, deren Ergebnis in unser aller Budoarbeit sichtbar ist.
Dieser Erfolg der ISTB führte zu einem Vertrag zwischen Siegfried Kobilza und Soke Nakamura im Jahre 1998 mit dem Inhalt, dass die Nakamura-Schule in Europa ausschließlich durch Siegfried Kobilza und die von ihm gegründete ISTB repräsentiert wird, um die durch Kobilza geschaffene hohe Qualität unseres Budo für die weitere Zukunft sicherzustellen. Kobilza wurden alle notwendigen Vollmachten übertragen, die er als Stellvertreter von Soke Nakamura brauchte, um sein Amt als oberster Repräsentant, Ausbilder und Prüfer rechtsverbindlich ausüben zu können. Das bedeutete für ihn die Übernahme einer großen Verantwortung. Erstmals wurden durch die ISTB konkrete und auch für jedermann außerhalb der Organisation nachvollziehbare Qualitätsrichtlinien und Prüfungsprogramme erstellt und für die Öffentlichkeit transparent gemacht.
Diesen Regeln und Standards waren natürlich alle Mitglieder, Schüler wie Lehrer der ISTB, verpflichtet, sie sind es übrigens auch heute noch. Die Verleihung von Graden oder Lehrlizenzen wurde damit erstmals an objektiv nachprüfbare Kriterien gebunden. Dadurch sollte die hohe Qualität der Ausbildung garantiert werden. Eine Zugehörigkeit zur Takeda-Schule setzte deshalb auch die Mitgliedschaft bei der ISTB und ein Anerkennen ihrer Regeln voraus.
Trennung von der Nakamura-Ha und Gründung der Takeda Ryu Kobilza-Ha
In Europa wollten sich nicht immer alle Budoka diesen klaren Regeln unterwerfen. Sie zogen es vor, unter Umgehung der für sie zu hohen Qualitätsansprüche sozusagen durch die „Hintertür“ in die Takeda-Schule Einlass zu finden, und bedauerlicherweise spielte die Zentrale in Japan und insbesondere Soke Nakamura da mit, was nicht nur ein klarer Vertragsbruch war, sondern, und das wiegt noch viel schwerer, dadurch dem Ansehen und der Integrität der Schule großer Schaden zugefügt wurde. Es gab nun Angehörige der Takeda-Schule, die den hohen Qualitätskriterien nicht entsprechen konnten, die jedoch mit Dangraden oder Lehrlizenzen von Japan ausgestattet wurden. Solche Personen oder Gruppen standen zwar außerhalb der ISTB, während gleichzeitig Siegfried Kobilza laut Vertrag, und daher für Außenstehende nur so ersichtlich, die alleinige Verantwortung für die Ausbildung und Qualität der Lehre außerhalb Japans innehatte.
Daher hielten Sensei Kobilza und die obersten Lehrer und Repräsentanten der ISTB es für dringend notwendig, sich von einer solchen Schule bzw. Organisation wie der Nakamura Ha zu distanzieren, um nicht selbst jegliche Glaubwürdigkeit vor der Öffentlichkeit zu verlieren. Sensei Kobilza entschloss sich nach intensiver Beratung mit seinen engsten Vertrauten und nach reiflicher Überlegung dazu, die Repräsentanz der Nakamura Ha in Europa zurückzulegen und seinen eigenen, selbständigen Schulzweig zu gründen und zwar unter der Bezeichnung „Takeda Ryu Kobilza Ha“. Eine nur allzu verständliche wie logische Konsequenz, zumal es ohnehin Sensei Kobilza war, der das Takeda Budo in Europa eingeführt und in der heute unverwechselbaren Form geprägt hatte.
Siegfried Kobilza und das Takeda Budo in Europa
Kobilza ist der Pionier des Takeda Budo außerhalb Japans. Nahezu alle europäischen Takeda Budo-Lehrer (mit Ausnahme jener der Maroto Ha) wurden durch ihn direkt oder unter seiner pädagogischen Führung ausgebildet. Er hat die Unterrichtsprogramme und damit die theoretischen und praktischen Grundlagen für das Takeda-Training geschaffen, er hat viele Texte über Takeda Budo und seine Geschichte veröffentlicht, die oft kopiert wurden, wobei die Verfasser solcher Kopien zumeist „vergessen“, die Quelle/n anzugeben. Kobilza ist Verfasser des weltweit einzigen, kompletten Lehrbuchs für das gesamte Takeda Budo und Herausgeber vieler Videos, darunter auch Lehrvideos, sowie Verfasser und Herausgeber von speziellen Lehrer-Skripten. Ohne Sensei Kobilza würde es Takeda Budo in Europa in der Form, wie man es heute kennt und schätzt, nicht geben, und viele in der Budo-Welt wüssten nicht einmal von seiner Existenz.
Takeda Ryu Kobilza Ha, die Kobilza-Schule vom Takeda-Stil zeichnet sich heute dadurch aus, dass hier über das bloße Vermitteln von Techniken weit hinausgehend Prinzipien gelehrt werden, wovon die meisten auf der philosophischen Lehre von Yin und Yang beruhen und somit die Essenz der Aiki-Kunst bilden, Prinzipien, die gleichermaßen für die korrekte und effiziente Ausführung von Techniken, aber ebenso für die Entwicklung und Umsetzung von Strategien und Taktiken bestimmend sind. Das mag im ersten Moment etwas „abgehoben“ klingen, ist es aber nicht, denn im Mittelpunkt unserer Budo-Praxis steht immer die körperliche Erfahrung, die zu Erkenntnissen führt. Das ist mit ein Grund, weshalb diese Schule ein klares Unterrichtskonzept und höchst effiziente Unterrichtsmethoden hat, die von Siegfried Kobilza entwickelt wurden und seit Jahren mit großem Erfolg in der ISTB angewendet werden.
Soke Kobilza hat mit seiner Schule des Takeda Budo in genialer Weise eine Verbindung zwischen Traditionsbewusstsein und dem Willen zur Weiterentwicklung geschaffen, also eine Harmonie zwischen Bewahren und Erneuern hergestellt, weil nur so, und das lehrt uns das Yin-Yang-Prinzip, ein vollkommenes Ganzes entsteht.